Bevor Welpen gesichtet wurden, droht der Abschuss
Bild aus der Fotofalle: Das trächtige Wolfsweibchen F110 (vorne, mit Halsband) ist zusammen mit einem zweiten Wolf, vermutlich dem Vater, unterwegs. Pressebild Kanton Glarus
Region
July 20, 2023

Bevor Welpen gesichtet wurden, droht der Abschuss

Im Glarnerland gibt es vermutlich ein zweites Wolfsrudel. Doch wenn die Eltern noch weitere Nutztiere reissen, könnten die Jungen zum Abschuss freigegeben werden.

Auf den Bildern der Fotofallen konnte man deutlich sehen, dass das Weibchen trächtig ist», erklärt Christoph Jäggi, Leiter der Abteilung für Jagd und Fischerei des Kantons Glarus. Deshalb wird nun ein neues Wolfsrudel im Glarnerland vermutet. Die Wölfin F110 konnte bereits im Verlauf des Winters im Grossraum Ennenda beobachtet werden. «Es ist ein Glücksfall, dass wir das Weibchen mit einem Sender ausstatten konnten», sagt Jäggi, so habe sie viel leichter identifiziert werden können.

Ein weiterer Hinweis auf die Jungtiere stamme auch von Beobachtungen, wie der Rüde Futterteile im Maul mit sich herumgetragen habe, zum Beispiel die Hinterläufe einer Gämse. Das sei ein typisches Verhalten für Wölfe, die ihre Jungtiere beim Wurfplatz mit Futter versorgten. Bestätigt sich die Vermutung, so wäre es das zweite Rudel im Kanton Glarus nebst dem bekannten Kärpfrudel. Bis jetzt ist laut Jäggi noch kein Reproduktionsnachweis erfolgt, es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis die Welpen ihre Umgebung erkundeten und von einer Fotofalle erfasst würden.

Wolfseltern abschrecken

Laut Jäggi ist auch davon auszugehen, dass die sieben getöteten Schafe auf der Mürtschenalp von den Eltern des neuen Rudels gerissen wurden. Zwei der Schafe wurden erst vor zwei Wochen gerissen. «Falls es zu weiteren Rissen kommen sollte, wird ein Regulationsgesuch an den Bund gestellt», schätzt er die Lage ein. Denn die Regulierung von Wolfsrudeln erfolgt über die Jungtiere.

Falls die Bewilligung erteilt werde, dann würde ab Herbst und im Winter versucht, die Abschüsse zu tätigen, wenn die Tiere wieder die Nähe zu den Siedlungsgebieten suchen würden. Das sei gewissermassen auch eine erzieherische Massnahme für die Eltern, erklärt Jäggi, damit sie lernten, Siedlungsgebiete wieder vermehrt zu meiden. Dieses Verhalten, so hofft Jäggi, sollen dann auch die Jungtiere übernehmen. Bis dahin sei Herdenschutz das A und O, damit nicht noch weitere Tiere zu Schaden kämen.

Neues Jagdgesetz kommt zum Zug

Per 1.Juli trat das neue Schweizer Jagdgesetz in Kraft. Die Voraussetzungen für eine Abschussbewilligung der an sich geschützten Wölfe wurden dabei vom Bund gelockert. Die Kantone können neu schon bei acht Nutztierrissen statt bisher zehn Rissen beim Bundesamt für Umwelt BAFU die Regulierungsabschüsse beantragen. Dabei wird jeweils die Hälfte der Jungtiere aus einem Rudel getötet. In Regionen mit mehr als einem Rudel dürfen die Kantone stärker regulieren als bisher. Im letzten Winter wurden bereits zwei Jungwölfe aus dem Kärpfrudel von der Glarner Wildhut geschossen. Die Abschüsse erfolgten im Rahmen der Regulation des Kärpfrudels, die Ende November 2022 vom Bundesamt für Umwelt bewilligt wurde. Den ersten Wolf aus dem Kärpfrudel hatte die Glarner Wildhut in der Nacht auf den 29.Dezember erlegt. Er war vor dem Abschuss mit anderen Tieren des Rudels in der Nähe der Kantonsstrasse unterwegs. Wie Jagdverwalter Christoph Jäggi damals erklärte, ergriffen die restlichen Tiere des Rudels anschliessend die Flucht. Das zweite Tier wurde in der Nacht auf den 27. Januar in Elm geschossen.