Hitze kurbelt am Walensee den Tourismus an – und den Ärger
Sam Maurice hat genug.
Seit sechs Jahren führt er das Hotel «Blumenau» in Unterterzen, seit sechs Jahren ist der Ärger rund um seine neun gekennzeichneten Parkplätze gross. Denn vor allem an sonnigen, heissen Wochenendtagen wird das ganze Dorf regelrecht von Tagestouristinnen und -touristen überschwemmt, die im Walensee Abkühlung suchen und sich beim Gang an den Strand weder um Verkehrs- noch um Parkregeln scheren. Sind nämlich alle öffentlichen Parkplätze bei der Talstation der Bergbahnen Flumserberg besetzt, machen die Anreisenden auch vor den privaten Parkplätzen seines Hotels nicht halt. «Manchmal finde ich sogar selber keinen Platz mehr», sagt Maurice.
Die Kantonspolizei St.Gallen kann in solchen Situationen nur bedingt helfen. So kann sie zwar Bussen für das Falschparken ausstellen, aller-dings nur auf öffentlichem Grund, wie Mediensprecher Hanspeter Krüsi auf Anfrage erklärt. Deshalb hat 2011 bereits Maurices Vorgänger beim Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland ein amtlich verfügtes Parkverbot beantragt. Diese Verfügung– vermerkt auf einem Signalisationsschild – erlaubt es Maurice, Umtriebsentschädigungen von bis zu 500 Franken für das Falschparken zu verlangen. Krüsi erklärt: «Dieses Parkverbot legitimiert dazu, eine sogenannte Privatanzeige an uns zu erstatten, stellt jemand widerrechtlich sein Fahrzeug dort ab.» Abschleppen lassen sei eine weitere Option, wobei die Abschleppgebühren vorerst selbst übernommen werden müssten und deren Rückforderung schliesslich eine zivilrechtliche Angelegenheit sei.
Unangenehm für Private
Auch wenn es immer wieder Parksünder gebe, verfehle dieses amtliche Parkverbot seine Wirkung nicht. «Ich verteile nicht immer Einzahlungsscheine. Aber wenn ich es tue, dann wirkt das auf die Falschparker schon abschreckend », sagt Maurice. 500 Franken sei-en ja auch eine Stange Geld. Eine zufriedenstellende Lösung sei das für ihn allerdings nicht, schliesslich generiere schon alleine der ständige Kontakt mit der Polizei einen enormen Mehraufwand für ihn. Der Gastronom steht mit seinem Ärger nicht alleine da. In allen Dörfern entlang des Walensees von Weesen bis Walenstadt ist das Problem bekannt. Die Tagestouristen, die aus allen Teilen der Schweiz zu kommen scheinen, machen auch vor privaten Einfahrten nicht halt – und stellen so die Einwohnerschaft vor ein Dilemma. Denn vor eigenmächtigen Handlungen – etwa Gleiches mit Gleichem zu vergelten und den Parksünder einzuparken – rät die Polizei ab. «Das kann unter Umständen eine Nötigung darstellen und ist nicht zu empfehlen», sagt Krüsi. Weil auf privatem Grund auch der Polizei die Hände gebunden sind, bleibt wie im «Blumenau» der Antrag auf ein gerichtliches Verbot beim Kreisgericht der einzig gangbare Weg.
Auch die politische Gemeinde kann Massnahmen treffen und beispielsweise Hilfskräfte für eine ordentliche Abwicklung des Verkehrs einsetzen. Diese Massnahmen greifen aber laut dem Quartner Gemeindepräsidenten Erich Zoller nur bedingt. Denn: «Das wahre Problem sind die Respektlosigkeit, die Unvernunft und der Egoismus, die in unserer Gesellschaft immer mehr um sich greifen.» Die Touristinnen und Touristen würden in ihrem Verhalten immer unverschämter. So sehr, dass es auch bei Zoller als bekennendem Gegner von stetig neuen Gesetzen und Vorschriften nicht mehr viel brauche, «um mich von einem Polizeireglement mit einem Bussenkatalog zu überzeugen».
Empörung auch in Walenstadt
Unter «Du bisch vo Walenstadt wenn…» berichten Stadtnerinnen und Stadtner auf Facebook über ihre Alltagssorgen und Ärgernisse. Dort to-ben sich Userinnen und User nach sonnig- heissen Sonntagen wie am letzten Juniwochenende auch über Touristinnen und Touristen, deren (Fehl-)Verhalten auf den Strassen und Plätzen der Gemeinde Walenstadt, Verfehlungen beim Parkieren oder das Zurücklassen von Abfallbergen aus. Ein User löste mit seinem Beitrag einen schriftlichen Schlagabtausch aus, als er monierte, die Seestrasse sei links und rechts komplett zugeparkt und deshalb nur noch einspurig befahrbar gewesen. Vom «Seehof» bis zum Kiosk seien Motorräder ohne Ende gestanden und vom Bach bis zum Unterwald nur fremde Kennzeichen gesichtet worden: «Wenn das so weitergeht, weiss ich nicht, ob bei allfälligen Notfällen die Retter schnell vor Ort wären.» Im Falle einer Behinderung der Rettungskräfte lässt die Polizei die betroffenen Fahrzeuge allerdings abschleppen.
Weiter richtet die Community ähnliche Vorwürfe oft auch direkt an die Gemeindeverwaltung. Diese soll «Nägel mit Chöpf» machen und handeln, statt immer nur zu reden oder Versprechen ins Gemeindeblatt zu schreiben.
Appell an die Vernunft
Im Rathaus seien die Probleme schon seit einiger Zeit bekannt, sagt Gemeindepräsident Angelo Umberg auf Anfrage des «Sarganserländers». Er selbst und andere Mitglieder des Gemeinderats hätten sich an jenem Sonntag ein Bild von den Zu- und Missständen am Walenseeufer machen können. Umberg habe darauf intensive Gespräche mit der Securitas, der Polizei, den Verkehrskadetten und dem Werkdienst geführt, sagt er. Es sei ein Massnahmenkonzept geplant (siehe Box). Bis dieses allerdings steht, appelliere er an die Vernunft und vor allem den Anstand aller Tagestouristinnen und -touristen.
Im Sommer freut man sich in Dörfern und Gemeinden rund um den Walensee über einen grossen Zulauf von Touristinnen und Touristen. An besonders heissen Wochenenden kann sich das aber in Ärger wandeln.
