Sozial benachteiligte Frauen trauen sich trotz guter Noten wenig zu
Frauen halten sich für weniger begabt als Männer. Sozial benachteiligte Frauen zweifeln noch stärker an eigenen Talenten, wie eine Studie von Forscherinnen der Universität Wien zeigt.
Die Vorstellung vom angeborenen männlichen «Genie» bestimme auch heute noch, wen wir für aussergewöhnlich halten. Der intellektuelle Erfolg von Frauen gelte in unserer Kultur hingegen eher als ein Resultat ihres Eifers. «Frauen werden eher als ‚fleissig‘ gelobt und weniger als ’schlau‘, das wird eher zu Burschen gesagt», so Studienleiterin Christina Bauer zur österreichischen Nachrichtenagentur APA.
Dieses Aussenbild habe fatale Folgen auf das Selbstbild von Frauen, vor allem für jene mit niedriger sozioökonomischer Herkunft. «Es ist generell so, dass Mädchen sich für weniger talentiert halten als Burschen», so Bauer, «selbst wenn man zwei Menschen mit identischen Noten vergleicht.» Das hätten auch frühere Studien gezeigt.
Doppelte Benachteiligung
Ihre neue, im Fachjournal «Learning and Instruction» veröffentlichte Studie mit insgesamt 1600 Studierenden in Deutschland und den USA hat nun aber ausserdem ergeben: Auf Frauen aus niedriger sozioökonomischer Herkunft trifft es doppelt so stark zu.
Im Vergleich von allen Subgruppen in der Studie beurteilten sich Frauen mit niedrigerer sozioökonomischer Herkunft am wenigsten als talentiert. Männer mit hohem sozioökonomischen Status halten sich dafür am talentiertesten.
Geringere Erfolgschancen
«Wenn es um Dinge wie Fleiss und Anstrengungsbereitschaft geht, was ja durchaus wichtige Dinge sind, dann sind Frauen durchaus auch selbstbewusst», so Bauer. «Sie empfinden sich auch als leistungsstark, aber sie empfinden sich nicht als Genies oder talentiert.» Diese verzerrte, eigene Einschätzung führt dazu, dass ausgerechnet Frauen, die ohnehin sozial benachteiligt sind, geringere Erfolgschancen haben.
Etwa fühlen sich Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status gerade in Bereichen, in denen Talent erwartet wird, weniger wohl, trauen sich weniger zu und bringen sich dadurch auch weniger ein. Das betrifft etwa den MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) oder auch Hobbys wie Schach.