Die Schützen und die Biathleten nähern sich in Zukunft an
Swiss Shooting und Swiss-Ski mit der Sektion Biathlon müssten viele Gemeinsamkeiten haben, sollte man meinen. Noch nicht. Die Disziplin Target Sprint könnte dies ändern.
Am Eingang zur Biathlon-Arena in Lenzerheide unterhält Swiss Shooting einen Stand, wo rege mit Laser-Pistolen und -Gewehren geballert wird. Auch ohne ausser Atmen zu sein, treffen nur wenige ins Schwarze. Besseren Anschauungsunterricht über die Präzisionsarbeit, welche die Weltbesten an der Biathlon-WM zu leisten haben, gibt es nicht.
Swiss Shooting hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vom «Rössli-Stumpen»-Image gelöst und ist zum Spitzensport-Verband mit den Olympiasiegerinnen Nina Christen und Chiara Leone mutiert. Auf den ersten Blick liegt es auf der Hand, dass Swiss-Ski von diesem Wissen profitieren sollte. Doch das funktioniert nicht.
Grosse Unterschiede
«Die Sportarten sind zu unterschiedlich», sagt die Schweizer Biathlon-Cheftrainerin Sandra Flunger. «Wir schiessen unter Belastung.» Insbesondere stehend sei die Zieltechnik ein Reaktionsschiessen, während die Sportschützen im Anschlag die Präzision suchen würden. «Und auch die Kleidung und die Waffe lassen sich nicht vergleichen.» Die Schiessjacken, -hosen und -schuhe gleichen bei den Schützen Hightech-Produkten, die Stabilität verleihen und eigentlich das Gegenteil einer Langlaufausrüstung darstellen.
Es gebe gemeinsame Punkte wie die Atemtechnik, den Schussaufbau oder die sogenannte SCATT-Analyse, bei der eine Vielzahl von Bewegungen der Waffe während des gesamten Schiessvorgangs gemessen werden. Wenn ein Biathlet immer wieder in dasselbe Fehlermuster zurückfalle, könne man auf die Grundlagenausbildung zurückkehren. «Aber für mich als Trainerin sind die Schüsse unter Belastung von viel höherer Bedeutung.»
Swiss Shooting steht mit dem Demo-Zelt also nicht vor der Biathlon-Arena, weil die Zusammenarbeit der beiden Verbände besonders eng wäre. Der Hauptgrund liegt in einer Gegeneinladung. Die Schützen hatten 2024 ihr 200-Jähriges gefeiert und Schweizer Sportverbände ermuntert, sich zu präsentieren. Das WM-OK um Jürg Capol nutzte diese Chance und hält nun Gegenrecht.
Target Sprint hat Potenzial
In Zukunft könnten sich der Biathlon und das Schiessen auf Trainingsebene aber näher kommen. Der Weltverband der Schützen baut seit einigen Jahren die Disziplin Target Sprint auf. Das Schiessen wird mit 400-m-Läufen kombiniert, die Regeln orientieren sich am Biathlon. 2023 wurden erstmals Weltmeisterschaften ausgetragen. Die Disziplin wird in der Schweiz durch J+S gefördert, Trainerausbildungen werden angeboten.
Wenn man sich die Dramatik vor Augen hält, die ein Biathlon-Wettkampf bietet, hat der Target Sprint durchaus Potenzial. Und sollte diese Disziplin tatsächlich den Durchbruch schaffen, dann wäre nicht ausgeschlossen, dass Athletinnen und Athleten dereinst in beiden Disziplinen starten – Biathlon im Winter für Swiss-Ski und Target Sprint im Sommer für Swiss Shooting.