Die Schweiz steht vor dem entscheidenden Schritt zur WM
Die Schweizer Nationalmannschaft steht kurz vor dem Ziel. Im Stade de Genève kann sie am Samstag die Weichen endgültig Richtung USA, Kanada und Mexiko stellen.
Die Rechnung ist einfach: Holt die Schweiz gegen Schweden mehr Punkte als Kosovo in Ljubljana, ist die sechste WM-Teilnahme in Serie gesichert. Auch wenn die beiden Teams gleich viele Punkte holen, wären die Schweizer aufgrund des deutlich besseren Torverhältnisses praktisch durch.
Doch der Konstellation wird intern kein Raum gegeben. In Lausanne predigten die Spieler während der Vorbereitung dasselbe Mantra: Fokus auf die eigene Leistung, nicht auf Tabellenmathematik. Die September-Heimspiele gegen Kosovo (4:0) und Slowenien (3:0) sind dabei der Referenzrahmen. Mit früher Dominanz und defensiver Stabilität waren jene Partien schon vor der Pause entschieden.
Gegen Schweden kommt der Moment, in dem weniger die Emotionen zählen, sondern Routine, Reife und das Wissen um die eigenen Stärken.
Ein unberechenbarer Gegner
Als der Spielplan veröffentlicht wurde, galt das Duell mit Schweden als mögliches Endspiel um den Gruppensieg. Nun stehen die Skandinavier abgeschlagen am Tabellenende. Die Schweizer hüten sich jedoch davor, aus dieser Ausgangslage auf die Stärke des Gegners zu schliessen. Denn der 2:0-Sieg im Auswärtsspiel war trügerisch: Die Schweden vergaben zwei klare Chancen zur Führung und gaben sich erst nach dem zweiten Gegentreffer in der Nachspielzeit geschlagen. Captain Granit Xhaka bezeichnete sie damals als «klar stärksten Gegner der Gruppe».
Dieses Urteil gewinnt durch den Trainerwechsel vor einem Monat zusätzlich Gewicht. Graham Potter bringt neue Ideen mit und hat bereits eine Systemumstellung angekündigt. Welche Rolle Alexander Isak in diesem spielen wird, ist offen. Der Starstürmer aus Liverpool war zuletzt angeschlagen. Genau jene Unberechenbarkeit macht die Aufgabe für die Schweizer so heikel.
Erfahrung als Kapital
Was aber für die Schweiz spricht, ist etwas, das man nicht kurzfristig trainieren kann: Erfahrung und Eingespieltheit. Der Abwehrverbund – vier Spieler mit zusammen 323 Länderspielen – steht sinnbildlich für die Stabilität dieser Qualifikation, in der die Schweiz noch kein Gegentor zugelassen hat. Vor ihnen lenkt Xhaka, mit 141 Einsätzen der Rekordspieler, das Schweizer Spiel mit einer Gelassenheit, die nur über Jahre im Spitzenfussball entsteht.
Auch in der Offensive kommen mit Dan Ndoye, Ruben Vargas oder Breel Embolo Spieler hinzu, die nicht nur internationale Routine besitzen, sondern auch eine gemeinsame Geschichte. Das Gerüst des Nationalteams hat schon mehrere wichtige Spiele erlebt – auch gegen Weltklasseteams. «Viele von uns spielen schon lange in Topligen», sagte Michel Aebischer. «In grossen Spielen wissen wir heute genau, was nötig ist. Diese Ruhe nimmt dir Nervosität.»
Wer ersetzt Freuler?
Der Ausfall von Remo Freuler, eigentlich der Fixpunkt neben Xhaka im defensiven Mittelfeld, trifft das Team spürbar. Doch es ist eine Position, auf der Yakin mehrere gute Optionen hat: Djibril Sow war in Stockholm an der spielentscheidenden Szene beteiligt, Michel Aebischer war an der EM Stammspieler und ist taktisch variabel und der 20-jährige Johan Manzambi bringt als Box-to-Box-Spieler Dynamik und Unbekümmertheit in die Partie.
Wer spielt, hängt nicht nur von der Form, sondern auch vom erwarteten schwedischen System ab. Nun gilt es für Yakin, zu antizipieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Nach drei erfolgreichen Spielen ist ihm das zuletzt in Slowenien nicht ganz gelungen, als der Gegner viel defensiver agierte, als der Schweizer Nationaltrainer dies erwartet hatte.
Dieses Mal könnte der Heimvorteil helfen. Das Stade de Genève ist praktisch ausverkauft. Die Erwartung ist gross, doch die Mannschaft weiss: Das Ticket wird nicht durch Atmosphäre gelöst, sondern durch Abgeklärtheit. Die Schweiz hat sich in den vergangenen Jahren angewöhnt, grosse Schritte zu gehen. Jetzt wartet ein weiterer.
