Viele Infekte, ein Crash und krank zum Saisonstart
Niklas Hartweg hat erneut eine Vorbereitung voller Rückschläge erlebt. Trotz Krankheiten, einem Sturz und stockendem Training glaubt er fest an eine Olympiaform, die ihn aufs Podest führt.
Es passt ins Bild: Die Wettkampfsaison startet für den Biathleten Hartweg zäh. Die Staffeln vom vergangenen Wochenende beim Weltcup-Auftakt in Östersund musste er krankheitshalber auslassen. Für das Einzel am Mittwoch dürfte er wieder bereitstehen.
Der 25-Jährige blickt bereits auf einen Sommer zurück, der ihn stärker forderte, als ihm lieb war. Die Nummer 1 im Schweizer Biathlon-Team, die an der Heim-WM vergangenen Februar in Lenzerheide mit konstanten Top-Ten-Resultaten überzeugt hatte, musste gleich mehrfach pausieren – ausgerechnet vor der Olympiasaison.
Nach dem Sommer 2024, als ihn eine Schulterverletzung nach einem Mountainbike-Sturz aus dem Rhythmus gebracht und eine Operation nötig gemacht hatte, erlebte Hartweg heuer eine Art Wiederholung. Wieder prägten schwierige Vorzeichen die Vorbereitung. Diesmal war es vor allem seine Gesundheit. «Ich war drei- oder viermal krank», sagt er gegenüber Keystone-SDA. «Das sind so Sachen, die einen immer wieder etwas aus dem Training reissen, da muss man sich zurückkämpfen.»
Die Rückkehr ins Training verlief jedes Mal zäh. Für einen Athleten wie Hartweg, der die Stärke über Konstanz, klar strukturierte Belastungsblöcke und präzise gesetzte Intensitäten aufbaut, schlagen solche Unterbrüche sofort durch. «Darum fehlen mir vor allem die Intervall-Bereiche, bei denen man sich doch Zeit geben muss nach einer Krankheit.»
Wakeboard-Unfall
Zu den Krankheiten kam ein weiterer Schreckmoment hinzu. In Kroatien verlor er beim Wakeboarden das Gleichgewicht und schlug mit dem Kopf auf dem Brett auf. Der Bootsfahrer habe wohl zu stark beschleunigt, erzählt Hartweg. Der Schlag auf den Hinterkopf raubte dem Biathleten kurz das Bewusstsein, eine leichte Gehirnerschütterung wurde diagnostiziert.
Auch die Absicht, das Gewehr neu aufzubauen und so den Schwerpunkt im Stehend-Anschlag näher an den Körper zu nehmen, setzte er nicht um. Letztlich gab der treffsichere Schütze dem Bewährten den Vorzug.
«Der Sommer war nicht perfekt, leider. Vor einer Olympiasaison wäre es angenehmer, wenn es perfekt gewesen wäre», fasst er seine Vorbereitung zusammen, die ihm viel Geduld abverlangte.
2025 hat es schon einmal geklappt
Die fehlende Konstanz im Formaufbau beunruhigt ihn aber nur begrenzt. «Das Ziel für diesen Winter ist es, den Formaufbau so zu gestalten, dass ich beim Kampf um die Medaillen in Top-Form bin», sagt Hartweg. Dass ihm dies bereits im vergangenen Winter gelang, gibt ihm Auftrieb. Die Entwicklung von damals trägt ihn: «Ich habe das Selbstvertrauen, dass das auch diese Saison wieder gut klappen wird. Hoffentlich in einer um ein Spürchen besseren Form als letztes Jahr. Und dem nötigen Wettkampfglück, damit es richtig aufgeht», fügt er an.
Das Potenzial für einen Coup ist vorhanden, wenn in zwei Monaten an den Olympischen Spielen in Antholz abgerechnet wird. Bereits zweimal stand Hartweg im Weltcup nach einem Einzel oder einem Massenstart auf dem Podest, dreimal zusammen mit seiner Single-Mixed-Partnerin. «Wenn die Vorbereitung und sonst alles gut läuft, dann habe ich das in mir drin», meint er. Er weiss aber genauso gut, dass im Biathlon vieles gleichzeitig funktionieren muss – läuferisch, am Schiessstand und manchmal braucht es einen Patzer eines Konkurrenten. «Man kann es nicht erzwingen. Es müssen schon noch viele Sachen zusammenkommen.»
Aus der WM in Lenzerheide, wo ihm der eine Fehlschuss die Medaille kostete, zieht er sogar einen Funken Hoffnung. «Vielleicht habe ich das ganze Wettkampfglück aufbewahrt und kann es dann im Februar hoffentlich rauslassen», sagt er.
Hartwegs Vorbereitung hatte wenig Perfektes. Rückschläge warfen ihn zurück, aber nicht aus der Bahn. Die entscheidenden Wochen liegen noch vor ihm. In ihnen will er die Form finden, die er für den womöglich bedeutendsten Wettkampf seiner Karriere braucht.
