Die Schweiz ist in Topf 2 bei der WM-Auslosung
Die FIFA inszeniert am Freitag den Countdown zur grössten Fussball-WM der Geschichte. Um 18.00 Uhr (Schweizer Zeit) werden in den USA die Gruppen ausgelost. Die Schweiz ist im Topf 2 eingeteilt.
Wenn vor einer WM die Kugeln rollen, erhält das Turnier sein Gesicht. Für 2026 ist es ein gigantisches. Anders als bei der kompakten Wüsten-WM in Katar vor vier Jahren, wartet nun ein kontinentumspannendes Event der Superlative: 48 Teams, drei Gastgeberländer und 16 Spielorte in den USA, Mexiko und Kanada.
Vom Wüstenstaat zum Kontinent
Der Kontrast könnte kaum grösser sein. Statt einer «WM der kurzen Wege» mit nur einer Metropole, wie es Doha war, wird die Endrunde 2026 eine logistische Herausforderung mit enormen Distanzen und verschiedenen Zeitzonen. Die Bilder, die am Freitag bei der Gruppenauslosung über die Bildschirme flimmern, werden nicht mehr nur eine Skyline zeigen, sondern die Vielfalt Nordamerikas – von den Stränden Miamis über die Höhenzüge Mexikos bis zur kanadischen Westküste.
Sportlich droht der Schweiz als Nummer 17 der Welt ein Härtetest. Zwar geht die Mannschaft von Murat Yakin bei der Gruppenauslosung in Washington D.C. elf direkten Konkurrenten aus dem Weg, darunter Kroatien, Uruguay oder Kolumbien, die sich ebenfalls in Topf 2 befinden. Doch aus dem ersten Topf wartet zwingend ein Schwergewicht. Ein Duell mit Titelverteidiger Argentinien, Europameister Spanien, Frankreich oder Brasilien ist möglich.
Rückkehr der «Generation 98»
Die Auslosung bietet auch Raum für Fussball-Romantik. Gleich drei europäische Teams kehren nach fast drei Jahrzehnten auf die Weltbühne zurück: Norwegen, Österreich und Schottland sind erstmals seit der WM 1998 in Frankreich wieder dabei. Besonders Norwegen sorgte für Schlagzeilen. Angeführt von Superstar Erling Haaland beendeten die Skandinavier ihre 28-jährige Durststrecke eindrücklich und verdrängten Italien in die Playoffs.
Auch Michael Gregoritsch zog die Aufmerksamkeit auf sich. Der frühere Bundesliga-Stürmer, der seine Karriere selbst als «Achterbahnfahrt» bezeichnet und zuletzt in der dänischen Liga bei Bröndby oft auf der Bank sass, schoss sein Land mit dem entscheidenden Tor zum 1:1 gegen Bosnien-Herzegowina zur WM. Seinen Treffer feierte der Österreicher nicht mit einer gestählten Pose, sondern mit einem demonstrativen Griff an sein «Bauchfett». Gregoritsch, der sich selbst augenzwinkernd als einen der langsamsten Spieler beschreibt, diktierte triumphal in die Mikrofone: «Manchmal ist es nicht nur wichtig, wie hoch der Fettwert ist.»
Advocaat und das Wunder der kleinen Insel
Neben den Rückkehrern sorgen echte Exoten für Farbe. Allen voran Curaçao. Der Karibikstaat ist flächenmässig kleiner als der Kanton Obwalden und mit rund 155’000 Einwohnern nur etwas bevölkerungsreicher als der Kanton Zug. Es ist der kleinste WM-Teilnehmer der Geschichte. Möglich gemacht hat das Wunder der 78-jährige Dick Advocaat.
Der niederländische Trainer, der im Sommer seine dritte WM als Coach bestreiten wird, hat auf der Insel eine Euphoriewelle ausgelöst. Gegenüber «Voetbal International» beschrieb er den Wandel eindrücklich: «Als wir begonnen haben, waren 100 Leute im Stadion. Jetzt kommen immer 10’000.»
Mit Kap Verde wird noch mindestens ein zweiter Inselstaat seine WM-Premiere erleben dürfen. Auch Jordanien und Usbekistan können sich erstmals mit der Weltelite des Fussballs messen.
Die Hürden in Topf 4
Brisant ist die Situation im vierten Topf. Hier liegen nicht nur die vermeintlich Kleinen, sondern auch Platzhalter für noch offene Entscheidungen. Ein solcher Platzhalter könnte zur grossen Gefahr werden: Italien. Der vierfache Weltmeister muss im März erst noch die Playoffs überstehen. Dabei wartet im Halbfinal Nordirland, in einem möglichen Final Wales oder Bosnien-Herzegowina. Sollte die «Squadra Azzurra» scheitern, wäre es das dritte Mal in Folge, dass sie eine WM verpasst .
Auch die Sieger der interkontinentalen Playoffs landen in diesem Topf. Diese Entscheidungen fallen erst Ende März in einem Turnier in Mexiko, wo unter anderem Jamaika, Neukaledonien oder der Irak um die letzten zwei Tickets kämpfen.
Neuer Modus und geschützte Wege
Die Mechanik der Auslosung folgt neuen Regeln. Die 48 Teams werden auf zwölf Vierergruppen (A bis L) verteilt. Dabei gilt: Maximal zwei europäische Teams pro Gruppe, alle anderen Kontinentalverbände dürfen nur einmal vertreten sein. Eine interessante Neuerung betrifft die vermeintlich grossen Teams: Die Setzliste wurde so gestaltet, dass die Topfavoriten Argentinien und Spanien – sofern sie ihre Gruppen gewinnen – frühestens im Final aufeinandertreffen können.
Für die Schweiz heisst es am Freitagabend vor allem eines: Klarheit schaffen über die Gegner. Doch wer sofort Flüge und Hotels buchen will, wird wohl enttäuscht. Wie schon 2022 stehen unmittelbar nach der Auslosung zwar die Paarungen, aber noch nicht die exakten Anspielzeiten und Stadion-Zuteilungen fest.
Da in 16 Stadien gespielt wird und die Distanzen riesig sind, wird die FIFA den Spielplan erst nach der Auslosung finalisieren, um die Reisen für Teams und Fans innerhalb der regionalen Cluster zu optimieren. Erst im Verlauf des Wochenendes dürfte endgültig klar sein, ob die Nati in der Gluthitze von Monterrey, im regnerischen Seattle oder in einer der Metropolen an der Ostküste antreten wird.
