Goalie Akira Schmid macht sich in Las Vegas einen Namen
Sport
December 5, 2025

Goalie Akira Schmid macht sich in Las Vegas einen Namen

Akira Schmid arbeitet bei den Vegas Golden Knights hart daran, sich als Nummer-1-Goalie zu etablieren. Der Emmentaler fühlt sich in der Spielerstadt wohl - aber fern der Glitzerwelt.

Der Reporter des Las Vegas Review-Journal, der primär über die Goalies von Las Vegas berichtet, zeigt sich überrascht. «Was, das ist gar nicht sicher, dass Akira an den Olympischen Spielen der Nummer-1-Goalie der Schweiz sein wird», fragt er leicht ungläubig. Von Leonardo Genoni, dem besten Goalie der letzten Weltmeisterschaft, hat er noch nie etwas gehört.

Auch an Akira Schmid musste er sich wohl erst herantasten. Dass der 25-jährige Emmentaler in dieser Saison in der Spielerstadt eine Hauptrolle spielen würde, hatte kaum einer erwartet. Er hatte sich zwar den Posten als Backup von Adin Hill gesichert, dem Stanley-Cup-Sieger von 2023 mit den Golden Knights und Weltmeister 2021 mit Kanada. Dann verletzte sich Hill aber Mitte Oktober, wann er zurückkommt, ist derzeit unklar.

Nur selten auf dem Strip

Hills Pech ist Schmids Glück. «Ja, das ist irgendwie schon so», sagt der Schweizer und zuckt fast entschuldigend mit den Schultern. «Er ist im Fall ein ganz netter Kerl», hatte der amerikanische Journalist gesagt. Vielleicht zu nett? Ein Mann grosser Worte ist Akira Schmid tatsächlich nicht. Vielleicht gibt es keinen Ort auf der Welt, wo der ruhige Berner schlechter hinpassen würde als die Glitzer- und Glamourwelt von Las Vegas.

Er lacht. «Aber ich fühle mich sehr wohl hier», sagt Schmid. «Auf dem Strip bin ich nur sehr selten.» Das imposante Stadion der Golden Knights, die so genannte Festung (The Fortress), liegt zwar direkt an der Ausgehmeile, doch die Teambasis mit dem Trainingszentrum befindet sich rund 20 Minuten ausserhalb im Vorort Summerlin. Dort wohnt auch Schmid mit seiner Ehefrau und der Goldendoodle-Hündin Stella in einem zweistöckigen Haus. «Ich würde gerne hier bleiben», betont Schmid, dessen Vertrag Ende Saison ausläuft. Es steht also einiges auf dem Spiel für den Emmentaler.

Es ist die Saison, in der er sich erstmals fest in der NHL etablieren will. 2018 in der 5. Runde (als Nummer 136) von den New Jersey Devils gedraftet, konnte er sich bisher in der besten Liga der Welt nicht nachhaltig durchsetzen. Er kam bis jetzt in jeder Saison öfter in der AHL als in der NHL zum Einsatz – in Utica im ländlichen New York und im Las-Vegas-Vorort Henderson. Schmid hat trotzdem gute Erinnerungen, in Utica lernte er seine heutige Frau kennen.

Neue Konkurrenz für Schmid

Der Konkurrenzkampf in der NHL ist hart, doch der derzeit einzige Schweizer Goalie liefert bisher gute Arbeit ab. «Schmid ist bewundernswert in die Bresche gesprungen und sehr solide», lobt der Korrespondent. Cheftrainer Bruce Cassidy will sich nicht aufs Glatteis wagen. «Er hat jetzt die Chance zu zeigen, dass er ein guter Nummer-1-Goalie sein kann», gibt sich der erfahrene Kanadier gegenüber Keystone-SDA vorsichtig.

Der Zeitpunkt des Comebacks von Hill ist derzeit offen, doch Vegas verpflichtete im Oktober Carter Hart, einen der kanadischen Spieler (unter ihnen der aktuelle Ambri-Stürmer Alex Formenton), die wegen sexueller Nötigung vor Gericht standen und am Ende freigesprochen wurden. Seit dieser Woche ist er nach seiner Sperre durch die Liga spielberechtigt. Am Dienstag beim Heimsieg (4:3 n.V.) gegen Chicago gab Hart sein Comeback in der NHL.

Doch Schmid weiss um seine Chance, und er will sie packen. 15 Siege prognostizierte ihm die Hockey-Bibel «The Hockey News» in ihrer Saisonvorschau. Nun, nach etwas mehr als einem Viertel, steht er bereits bei deren neun (sechs Niederlagen) und einer Abwehrquote von knapp unter 90 Prozent.

Es ist klar, dass er sich liebend gerne für eine Vertragsverlängerung empfehlen möchte, die mit Sicherheit auch mehr wert wäre als die für NHL-Verhältnisse bescheidenen 875’000 Dollar, die Schmid aktuell verdient. Das Klima in der Wüstenstadt ist angenehm, und das Team äusserst beliebt.

Ziel Olympia

Wegen der Angst, mit Glücksspiel in Verbindung gebracht zu werden, scheuten die grossen Profiligen die Stadt der Gambler und der Sünde lange. 2017 wurden die Golden Knights dann in Las Vegas gegründet, und eine grosse Tragödie nur wenige Wochen nach dem ersten Spiel schweissten Team und Stadt zusammen, wie Schmid erzählt. Im Oktober 2017 erschoss ein Amokläufer aus dem Fenster eines Hotels heraus 60 Teilnehmer eines Musikfestivals und verletzte hunderte.

«Geholfen hat aber sicher auch, dass das Team sofort Erfolg hatte», so Schmid weiter, der seine zweite Saison in Las Vegas spielt. 2018 erreichten die Golden Knights gleich den Playoff-Final, vor zweieinhalb Jahren holten sie den Stanley Cup.

Schmid hat aber noch ein anderes grosses Ziel, mit der Nationalmannschaft. Ein Aufgebot für die Olympischen Spiele dürfte nur Formsache sein, ob als Nummer 1 wird sich zeigen. «Es hilft sicher, dass ich jetzt viel spielen kann», sagt er. «Aber man muss auch Leistung bringen.» Nationaltrainer Patrick Fischer weiss jedenfalls, was er am Berner hat. An der WM 2024 kam er zu drei Einsätzen und half mit, die Silbermedaille zu gewinnen. Und Konkurrenzkampf ist er sich mehr als gewöhnt.