Neue Wege für Familie Schumacher
Der schwere Unfall von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher liegt schon zwölf Jahre zurück. Seine Familie spürt weiter die Folgen - und geht im nächsten Jahr neue Wege.
Den Namen für den sportlichen Neuanfang trägt auch Mick Schumachers neuer Hund. «Indie» heisst der flauschige Vierbeiner, und in der IndyCar-Serie wird Mick Schumacher im kommenden Jahr antreten. «Ich freue mich darauf», schrieb der 26-Jährige zu den Fotos mit seinem neuen Haustier. Er will in den USA neu durchstarten, seiner Karriere neuen Schub verleihen.
Schwester Gina und Mutter Corinna werden Teil einer ZDF-Dokumentation sein, die sich mit ihrer grossen sportlichen Leidenschaft beschäftigt – dem Reining, einer Disziplin im Westernreiten. Mutter und Tochter zählen zur europäischen oder gar Weltspitze.
Gina Schumacher hatte im vergangenen Sommer nur wenige Wochen nach der Geburt ihrer ersten Tochter im Team und im Einzel WM-Titel auf der Ranch in Givrins im Waadtland gewonnen, die den Schumachers gehört und die Initialen CS von Corinna Schumacher trägt.
Der verhängnisvolle Tag
Eine Familie im Zeichen des Sports und im Fokus der Öffentlichkeit. Eine Familie, deren Leben sich vor zwölf Jahren schlagartig veränderte, als Vater und Ehemann Michael Schumacher in den Skiferien in den französischen Alpen verunglückte. Ein Jahr zuvor hatte er seine Formel-1-Karriere beendet. Seine Karrieredaten waren damals einzigartig, Schumacher mit seinen sieben Titeln der alleinige Rekordweltmeister.
Mehr noch war er ein Held für seine Fans, Idol auch noch für heutige Fahrer. Seit dem schweren Schädel-Hirn-Trauma mit tagelangem Kampf ums Überleben gibt es aber nur noch einen Michael Schumacher für seine Familie und allerengste Freunde. Öffentlich ist er nicht mehr aufgetreten seit dem verhängnisvollen Sturz am 29. Dezember 2013.
«Es ging immer darum, Privates zu schützen», sagte der Familien-Anwalt Felix Damm einmal in einem Interview dem Portal «Legal Tribune Online». Das machte Michael Schumacher vor seinem Unfall für seine Familie, die Familie macht es seit dem Unfall für Michael Schumacher.
«Der Entscheid, die Privatsphäre vor der Öffentlichkeit zu schützen, ist im Interesse von Michael getroffen worden. Es ist das Recht der Familie, damit so umzugehen, wie es für sie am besten ist», sagte Schumachers Managerin Sabine Kehm mehrfach.
Der Erpressungsversuch
Doch bereits die ersten Tage nach dem Unfall im Skigebiet von Méribel zeigten, wie weit Menschen gehen würden, um Informationen über Michael Schumacher zu bekommen. Ein Journalist hatte sich sogar als Priester verkleidet, um zum berühmten Patienten vorzudringen. 2014 war ein Mitarbeiter der Schweizerischen Rettungswacht Rega in seiner Zelle im Zürcher Polizeigefängnis tot aufgefunden worden. Es bestanden keine Hinweise auf Dritteinwirkung. Er hatte unter Verdacht gestanden, Schumachers Krankenakte Medien angeboten zu haben.
Die Familie sah sich auch einem Erpressungsversuch ausgesetzt. Sie sollte 15 Millionen Euro zahlen, andernfalls werde man private Bilder und Videos von Michael Schumacher im Internet veröffentlichen. Der 54-jährige Hauptangeklagte aus der Konstanzer Türsteher-Szene wurde in diesem Jahr vom Wuppertaler Landgericht zu drei Jahren Haft wegen versuchter schwerer Erpressung verurteilt. Ein ehemaliger Sicherheitsmitarbeiter der Familie Schumacher erhielt wegen Beihilfe zwei Jahre Haft auf Bewährung, der Sohn des Hauptangeklagten sechs Monate Haft auf Bewährung. Dieses Urteil ist bereits rechtskräftig.
«Der Vertrauensbruch hat dazu geführt, dass die Familie den Leuten, die für sie arbeiten, mit mehr Abstand gegenübertritt, dass sie vorsichtiger ist», sagte Sabine Kehm als Zeugin im Berufungsprozess um den Erpressungsversuch am Wuppertaler Landgericht. «Ich finde es persönlich extrem perfide, dass man das Leid so ausnutzen will. Deshalb ist doch klar, dass die Familie ihren Leuten härter gegenübertritt.»
Vorbei ist die juristische Auseinandersetzung noch nicht. Der Anwalt der Familie Schumacher hat ebenso Revision eingelegt wie der Vertreter des Hauptangeklagten. Die Causa wird nun zu einer Angelegenheit für das Düsseldorfer Oberlandesgericht.
Die gebrochenen Rekorde
All das begleitet die Familie ins neue Jahr. Am 3. Januar wird Michael Schumacher 57 Jahre alt. Der Unfall passierte kurz vor seinem 45. Geburtstag. Seitdem hat sich auch die Formel 1 verändert. Schumachers Bestmarken, die einst als Rekorde für die Ewigkeit angesehen wurden, sind gebrochen oder eingestellt worden, allen voran von Lewis Hamilton. Nach dem Rücktritt von Schumacher hatte der Brite dessen Platz im Team Mercedes übernommen.
Sechs seiner sieben Titel holte Hamilton mit der Marke mit dem Stern und zog nach WM-Triumphen mit seinem Vorgänger gleich. Mit 105 hat er aber deutlich mehr Grands Prix als Michael Schumacher (91) gewonnen, mit 104 Pole-Positions liegt er klar vor seinem Rekordweltmeister-Kollegen (68). Seit einem Jahr bemüht sich Hamilton nun, wie damals Schumacher bei Ferrari zu weiterem WM-Ruhm zu gelangen.
Die Hommage des Sohnes
«Wenn es um Michaels Vermächtnis geht, steht er für mich jedoch vor allem als Mensch im Vordergrund und weniger als Konkurrent», schrieb Hamilton im Vorwort zum Bildband «Weltmeisterwagen Michael Schumacher». «Es geht dabei nicht um Titel oder Trophäen, sondern um die Familie, die Corinna und er gemeinsam gegründet haben.» Hamilton, der auch Gina und Mick Schumacher kennt, betonte mit Blick auf die beiden: «Ihre Grösse, ihre Bescheidenheit und ihre Aufrichtigkeit sagen viel mehr über Michaels Werte aus, als ich es je könnte.»
Und so wird Mick Schumacher bei seinem Neuanfang in der IndyCar-Serie auch mit einer Hommage an seinen Vater und die Familie antreten und wie während seiner zwei Formel-1-Jahre mit der Startnummer 47 ausrücken.
Die Vier ist seine Lieblingszahl. «Die Sieben steht für meinen Vater. Die Vier und die Sieben zusammen formen eine Einheit aus uns beiden. Und dass die Geburtstage unserer Familie zusammengezählt 47 ergeben, fühlt sich für mich wie eine Bestätigung dieser Wahl an», sagte Mick Schumacher.
