Der Kreis kann sich mit der Schweizer Qualifikation schliessen

Zum zweiten Mal in dieser Qualifikationskampagne steht der Schweizer Nationalmannschaft ein Spiel auf «neutralem Boden» bevor. Schliesst sich am Mittwoch der Kreis?

Dem Schweizer Nationalteam steht erneut ein Spiel unter speziellen Umständen bevor. Am Dienstag flog die Mannschaft von Trainer Murat Yakin nach Budapest. Im rund 50 Kilometer von der ungarischen Hauptstadt entfernten Felcsut trifft sie tags darauf auf Israel, das aufgrund der Eskalation im Nahen Osten nicht im heimischen Land antreten kann.

Felcsut, wo knapp 2000 Menschen wohnen, erlangte Bekanntheit als Heimatort von Ministerpräsident Viktor Orban. Dessen gute Beziehungen zu seinem politisch ähnlich gesinnten Pendant in Israel, Benjamin Netanjahu, dürften ein starkes Argument für die Wahl des Austragungsorts gewesen sein. Wie kaum ein anderes Oberhaupt in Europa stellte sich Orban in den letzten Wochen auf die Seite Israels und verbot pro-palästinensische Demonstrationen in seinem Land.

Die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Spiel sind gross. Wer am Dienstag das Abschlusstraining respektive die Pressekonferenz im Stadion besuchte, musste angemeldet sein, zweimal den Ausweis vorweisen und sein Gepäck durchsuchen lassen. Trotzdem sind am Mittwoch sogar Zuschauer zur Partie zugelassen – wenn auch in überschaubarem Ausmass. Die moderne «Pancho Arena», benannt nach Ungarns wohl erfolgreichstem Fussballer Ferenc Puskas, bietet Platz für knapp 4000 Fans.

Dies alles gilt es für die Schweizer Fussballer auszublenden und sich einzig auf die sportliche Aufgabe zu konzentrieren. Das ist keine einfache Aufgabe, jedoch haben die Nationalspieler zu Beginn der Kampagne bereits bewiesen, dass sie dazu fähig sind.

Besonderer Start

Die EM-Qualifikation begann für die Schweiz am 25. März in Novi Sad, der zweitgrössten Stadt Serbiens. Im fast hundertjährigen Karadorde-Stadion, benannt nach einem serbischen Unabhängigkeitskämpfer, standen die Schweizer Fussballer dem belarussischen Nationalteam gegenüber. Dieses wurde von der UEFA sanktioniert, weil das Land den russischen Angriffskrieg in der Ukraine unterstützt. Während Russland komplett vom Wettbewerb ausgeschlossen wurde, trägt Belarus seine Spiele bis auf Weiteres auf neutralem Terrain und ohne Fans aus.

Dass Serbien als Ausweichort gewählt wurde, war ebenfalls der guten Beziehungen zwischen den Ländern geschuldet, brachte aufgrund der kosovarischen Wurzeln bei einigen Schweizer Spielern aber auch eine gewisse Brisanz mit sich. Der Verband zeigte sich damals «angesichts der politischen Lage zwischen Serbien und Kosovo» wenig erfreut über den Entscheid, akzeptierte ihn aber gezwungenermassen.

Am Ende stellte sich alles als halb so schlimm heraus. Die Reise verlief reibungslos, serbische Provokationen blieben aus. Es nahm gar kaum jemand Notiz von dem Spiel, das unter den Augen einiger Verbandsangestellten, Helferinnen und Helfern sowie Medienschaffenden mit 5:0 klar an die Schweiz ging.

Besonderer «Schluss»?

Am Mittwoch kann sich der Kreis schliessen, mit einem Sieg gegen Israel wäre die Qualifikation für die EM in Deutschland vorzeitig sichergestellt. Die Aufgabe scheint auf den ersten Blick machbar, gewann das Schweizer Nationalteam das erste Duell in Genf doch diskussionslos mit 3:0. Gerade der Vergleich mit Belarus zeigt jedoch: Zu sicher dürfen sich die Schweizer nicht fühlen. Denn wer hätte schon gedacht, dass nach dem klaren 5:0-Sieg in Novi Sad ein 3:3-Unentschieden in St. Gallen folgen würde?

«Nach der 0:1-Niederlage gegen Kosovo hat Israel einiges gutzumachen», warnte auch Loris Benito, der erstmals seit der EM 2021 wieder im Schweizer Aufgebot steht. Soll die Chance auf die direkte Qualifikation aufrechterhalten werden, braucht das israelische Nationalteam nach dem Rückschlag am Sonntag einen Sieg gegen den direkten Konkurrenten. Die wahrscheinlich offensivere Ausrichtung wird handkehrum aber auch der Schweiz Chancen bieten. «Wir haben Matchball und werden voll auf Sieg spielen», so Benito.

Es wäre seit 2004 die zehnte Qualifikation für ein grosses Turnier – einzig die EM-Endrunde 2012 fand ohne die Schweiz statt. Dass dieser Erfolg in einer kleinen ungarischen Gemeinde an einem erst vor zwei Wochen festgelegten Datum realisiert werden kann, passt zu dieser seltsamen Qualifikation, die geprägt war von Nebengeräuschen.