Bisher kein Rückgang: Thunfische anhaltend mit Quecksilber belastet

Quecksilber kann das zentrale Nervensystem von Ungeborenen, Säuglingen und Kleinkindern schädigen. Es gab Bemühungen, den weltweiten Ausstoss zu verringern – bei Meeresfischen wie dem Thunfisch schlagen sie sich aber bisher nicht nieder.

Trotz einer deutlichen verminderten Quecksilber-Verschmutzung ist die Belastung von Thunfischen mit dem giftigen Schwermetall seit Anfang der 1970er-Jahre nahezu gleich geblieben. In Tiefen von mehr als 50 Metern unter der Ozeanoberfläche sei noch viel Quecksilber abgelagert, das offenbar immer wieder in die Nahrungskette gelange, erläutert eine Forschungsgruppe im Fachjournal «Environmental Science & Technology Letters». Thunfisch ist weltweit eines der beliebtesten zur Ernährung genutzten Meerestiere.

Der Ausstoss von Quecksilber habe sich vor allem in Europa, Nordamerika und den Staaten der ehemaligen Sowjetunion seit 1970 stark verringert, schreibt die Gruppe um Anaïs Médieu von der Université de Bretagne Occidentale in Plouzané (Frankreich).

Quecksilber kann vom Körper schlecht ausgeschieden werden und reichert sich an: Wenn ein Raubfisch wie der Thunfisch regelmässig Tiere mit erhöhter Quecksilber-Konzentration frisst, sammelt sich das Quecksilber in seinen Muskeln. Der Ozean habe im Laufe mehrerer Jahrhunderte grosse Mengen an Quecksilber aufgenommen, das sich über die Nahrungskette weiterhin in Meerestieren anreichere.

Hochgiftiges Methylquecksilber

Quecksilber ist ein flüssiges Metall, das in kleinen Mengen bereits bei Raumtemperatur verdampft. Neben der elementaren Form tritt es in zwei weiteren Formen auf: als anorganische und organische Quecksilberverbindungen. In Nahrungsnetzen von Gewässern reichert sich Quecksilber in Form des hochgiftigen Methylquecksilbers an. Besonders belastet sind langlebige Raubfische wie Heilbutt, Schwert- und Thunfisch.

Methylquecksilber kann das zentrale Nervensystem insbesondere von ungeborenen Kindern schädigen. Experten raten Schwangeren vom Verzehr von Thunfisch ab. Auch Säuglinge und Kleinkinder sind demnach hinsichtlich der neurotoxischen Wirkungen besonders gefährdet, weil ihre Entwicklung noch nicht abgeschlossen und das Nervengewebe daher besonders anfällig ist. Zu den möglichen neurologischen Schäden einer hohen Belastung zählen Probleme mit der Motorik, Sprachstörungen, Gedächtnisprobleme und andere kognitive Beeinträchtigungen.

Insgesamt ist die Quecksilber-Belastung in der Umwelt gesundheitlich unbedenklich. Neben Seefischen sind Amalgam-Zahnfüllungen eine Hauptquelle für Quecksilber im menschlichen Körper.

Schwankungen, aber kein Rückgang

Médieu und Kollegen hatten vorhandene Quecksilber-Messungen bei den drei Arten Gelbflossen-Thun (Thunnus albacares), Grossaugen-Thun (Thunnus obesus) und Echter Bonito (Katsuwonus pelamis) analysiert. Diese drei Arten machen demnach etwa 94 Prozent des weltweiten Thunfischfanges aus. Zudem steuerten die Studienautoren eigene, aktuelle Untersuchungsergebnisse bei, sodass sie auf einen Untersuchungszeitraum von 1971 bis 2022 kamen. Im Durchschnitt der drei Arten, der verschiedenen Weltmeere und der fünf untersuchten Jahrzehnte lag die Quecksilber-Konzentration trotz grösserer Schwankungen bei rund einem Mikrogramm (Millionstel Gramm) pro Gramm Fisch.

Der weltweite jährliche Quecksilber-Ausstoss, unter anderem bei der Verbrennung von Kohle und beim Bergbau, lag 1970 bei etwa 3000 Tonnen und sank bis 1980 auf rund 2000 Tonnen, wie das Team schreibt. Auf diesem Niveau blieben die Emissionen demnach, bis es etwa 2008 zu einem leichten Anstieg kam.

Strengere Massnahmen nötig

Dass wahrscheinlich Quecksilber in Wassertiefen von mehr als 50 Metern das Problem ist, zeige sich bei den Werten für den Grossaugen-Thun im südwestlichen Pazifik: Sie seien zwei- bis dreimal so hoch wie im Durchschnitt – wahrscheinlich deshalb, weil sich hier die Zone des warmen Oberflächenwassers in grössere Tiefen ausweitet und die Thunfische entsprechend tiefer jagen. Dadurch hält sich das Quecksilber aus grösseren Tiefen im Nahrungskreislauf.

Die Wissenschaftler fordern verstärkte Anstrengungen, um den Ausstoss von Quecksilber zu verringern. Zu diesem Ziel ist das internationale Minamata-Übereinkommen erarbeitet worden, das 2017 in Kraft getreten ist. 137 Staaten haben das Übereinkommen bisher ratifiziert.